"Barsinghausen ist weltoffen, mitfühlend und hilfsbereit"Barsinghausen / Region. Seit 17.30 Uhr zieht vom Barsinghäuser Bahnhof der Demonstrationszug gegen Fremdenhass. Das Bündnis Barsinghausen ist bunt hat die Demo organisiert, Unterstützung gibt es von vielen Vereinen, Organisationen und Parteien, die ein Zeichen für Toleranz, Respekt und Weltoffenheit setzen wollen. „Wir wollen ein Zusammenleben in Frieden auf der gemeinsamen Basis unserer Verfassung und ihrer Grundrechte“, heißt es von den Teilnehmern. Darunter auch auswärtige Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch, Regionspräsident Hauke Jagau oder Pattensens Bürgermeisterin Ramona Schumann. Am Nachmittag war Landtagspräsident Bernd Busemann bereits am Flüchtlingswohnheim und hat sich das Gebäude angeschaut. Busemann zeigte sich bestürzt über den Brandanschlag und hofft, dass die oder der Täter so schnell ermittelt werden und entsprechend bestraft werden. Der Brandanschlag auf den Rohbau des Flüchtlingsheims an der Hannoverschen Straße am vergangenen Samstag habe den Frieden in unerträglicher Weise gestört und müsse als Zeichen von Ausgrenzung und Fremdenhass angesehen werden. Die Demonstrationsteilnehmer ziehen mit Plakaten und Bannern über die Siegfried-Lehmann-Straße und die Hannoversche Straße zum Flüchtlingsheim. Dort findet eine Abschlusskundgebung statt. Update von 19 Uhr: Pastorin Ute Kalmbach und Sybille Bruchmann-Busse vom Bündnis Barsinghausen ist bunt waren begeistert von der großen Unterstützung. Sie dankten der Verwaltung dafür, dass sie die Unterbringung der Flüchtlinge sehr gut organisiert hat. Sie lobten auch die Arbeit der Polizei, die für einen ungestörten Ablauf der Demonstration sorgten. Die Beamten kontrollierten mehrere Personen des rechten Spektrums und sorgten dafür, dass die Teilnehmer ungestört ihren Nachhauseweg antreten konnten. Gleich zu Beginn der Demo hat ein offenbar betrunkener Anhänger rechter Gesinnung ausländerfeindliche Parolen skandiert. Ingo Arlt von der IG Metall lobte ebenfalls die gute Arbeit der Verwaltung. „Ich bin stolz auf unsere Stadt, wie sie die Aufgaben bisher gemeistert hat“, sagte er. Er forderte die Anwesenden auf, sich heute an die Seite von Politik und Verwaltung zu stellen. „Wenn wir zusammen halten, hält auch unsere Demokratie“, sagte er. Bürgermeister Marc Lahmann wiederum dankte dem Bündnis und den vielen engagierten Bürgern für die Unterstützung. „Ohne sie hätten wir das nicht geschafft“, sagte er. Lahmann forderte die Anwesenden auf, für die demokratischen Werte Deutschlands einzustehen. „Wir wollen in unserer Stadt keine Nazis und Rechtsextremisten“, betonte er. In Richtung der Bundesregierung forderte er deutlich mehr Unterstützung und eine vernünftige Lösung der Flüchtlingssituation. Hier die komplette Rede des Bürgermeisters: "Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Barsinghäuserinnen und Barsinghäuser, ich bin beeindruckt und danke Ihnen sehr, dass Sie heute an dieser Demonstration für Offenheit und Toleranz in Barsinghausen in so großer Zahl teilnehmen und damit ein Zeichen setzen! Ein ganz wichtiges Zeichen in Barsinghausen für unsere Grundwerte und gegen den feigen Brandanschlag auf das nebenstehende in Bau befindliche Flüchtlingswohnheim! Denn Barsinghausen steht schon seit Jahren und Jahrzehnten für einen offenen, freundlichen und menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen, Asylbewerbern und Menschen aus anderen Ländern. Dieser wird getragen durch die Stadtgesellschaft und vor allem durch ganz viele Ehrenamtliche. Und dies ist das Bild, das von Barsinghausen ins Land geschickt werden sollte und nicht das Bild einer brennenden Flüchtlingsunterkunft! Leider ist es seit letztem Samstag anders, als Verbrecher in den frühen Morgenstunden den Rohbau nebenan in Brand gesetzt haben. Hierbei handelt es sich um ein feiges Verbrechen, das aufs schärfste zu verurteilen ist. Menschen, die sich seit Wochen bzw. Monaten auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Terrorismus befinden, sollten hier ein vorübergehendes Obdach erhalten. Dieses zerstören zu wollen, ist eine menschenunwürdige Tat aus niedersten Beweggründen und wir alle schämen uns dafür, dass Verbrecher in unserer Stadt eine solche schändliche Tat begangen haben. Besonders verwerflich an der Tat ist, dass die Verbrecher durch den Einsatz der Gasflaschen das Leben und die Gesundheit der Kammeradinnen und Kammeraden der Freiwilligen Feuerwehr in höchstem Maße in Gefahr gebracht haben. Mein besonderer Dank gilt deshalb an dieser Stelle auch der Feuerwehr, die hier bei uns in Barsinghausen komplett auf ehrenamtlicher Basis 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr zur Stelle ist, um uns alle vor Brand- und anderen Gefahren zu schützen Und ich rufe den Verbrechern zu: Diese Tat wird mit aller Härte des Gesetzes verfolgt werden. Ich hoffe, dass Polizei und Staatsanwaltschaft die Täter ermitteln können und das zuständige Strafgericht diese auch hart dafür bestrafen wird. Neben dieser Strafe erwartet die Täter aber auch die zivilrechtliche Geltendmachung des entstandenen sechsstelligen Schadens. Diesen wird die Stadt mit allen juristischen Mitteln unnachgiebig verfolgen und ich hoffe, dass die Täter einsehen, dass ihre Rechnung nicht aufgehen wird, sondern die Täter die Rechnung für die Tat sehr sehr teuer werden bezahlen müssen. Und ich rufe den Tätern ebenfalls zu: Diese Tat wird allenfalls zu einer kurzen Verzögerung von vielleicht ein paar Wochen bei Fertigstellung der Flüchtlingsunterkunft führen, denn wir lassen uns durch die Tat nicht beeinflussen. Der Rat der Stadt Barsinghausen hat demokratisch entschieden, an dieser Stelle ein Flüchtlingswohnheim zu bauen und dies werden wir auch tun! Erinnern möchte ich an dieser Stelle auch daran, dass wir heute den Holocaust-Gedenktag begehen. Wir gedenken heute der schrecklichen, eigentlich unvorstellbaren Taten, die das Naziregime im Namen des Deutschen Volkes verübt hat und verneigen uns vor allen Opfern. Die Gräueltaten des Nazi-Regimes sollten für uns alle täglich Mahnung sein, sich für unsere Grundwerte und die Menschenrechte einzusetzen, damit so etwas niemals wieder passiert. Und es ist erschreckend, dass wir gerade am Holocaust-Gedenktag in Barsinghausen zusammen kommen müssen, um ein Signal gegen brennende Häuser in Barsinghausen, aber auch in vielen anderen Städten in Deutschland setzen zu müssen. Denn es gab in der dunkelsten Zeit Deutschlands schon einmal brennende Gebäude als sichtbares Zeichen für Verfolgung, Unterdrückung und Mord im Namen einer schrecklichen Ideologie. Auch wenn noch nicht feststeht, wer die Täter waren, ist es leider zu vermuten, dass Fremdenhass, wie bei vielen anderen Bränden von Asylbewerberheimen, auch hier in Barsinghausen Motiv für die Tat war. Aber selbst wenn es andere Motive hier vor Ort gewesen sein sollten, setzen wir ein Zeichen im Hinblick auf die begangenen fremdenfeindlichen oder rechtsextremistischen Taten in Deutschland, dass wir in Barsinghausen als wehrhafte Demokraten dagegen kämpfen. Toleranz und Offenheit gegenüber anderen sind wichtige Grundlagen, solch ausgrenzende, menschenfeindliche Ideologien zu verhindern. Lassen Sie uns alle gemeinsam dafür einstehen, dass wir eine weltoffene, mitfühlende und hilfsbereite Stadt sind, wie es im Aufruf zur heutigen Kundgebung heißt! Und das bedeutet: Wir wollen in unserer Stadt Barsinghausen keine Nazis oder Rechtsextremisten. Wir wollen auch keine anderen Extremisten, seien es Linksextremisten oder islamistische Extremisten, denn jeder Extremismus widerspricht unseren Grundwerten und unserer Verfassung. Und dies sind die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben in unserem Staat und unserer Stadt Barsinghausen. Und wir wollen auch keine Brandstifter in unserer Gesellschaft. Es ist traurig, dass jetzt bereits zum zweiten Mal eine Flüchtlingsunterkunft in Barsinghausen gebrannt hat. Mitte letzten Jahres waren es zwei Asylbewerber, die das Asylbewerberheim in Großgoltern in Brand gesetzt haben, weil ihnen die Unterkunft nicht gut genug war. Auch dieses verurteilen wir heute aufs Schärfste, denn diese Tat hat das Leben und die Gesundheit der anderen Asylbewerber bedroht. Leider konnten die beiden aus Schwarzafrika stammenden Täter, die in Deutschland schon unter verschiedenen Identitäten registriert waren, bis heute nicht gefasst werden. Dies zeigt, dass bei der Registrierung von Asylbewerbern in Deutschland noch einiger Handlungsbedarf besteht und die vom Bund angekündigte einheitliche Registrierung endlich und sehr zeitnah realisiert werden muss. Denn es muss auch verhindert werden, dass sich unter den Flüchtlingen, wie in Barsinghausen auch schon vorgekommen, Sympathisanten bzw. Unterstützer der Terrororganisation des IS befinden, die Asyl bzw. Flüchtlingsschutz suchen. Natürlich gibt es in unserer Bevölkerung auch Ängste wegen des massiven Flüchtlingszustroms und die Vorkommnisse in Köln haben dies noch verstärkt. Lassen Sie uns gemeinsam auf die Menschen mit den Ängsten zugehen, lassen Sie die Menschen Ihre Ängste artikulieren, lassen Sie uns mit Ihnen diskutieren, denn nur dann können wir Ihnen die Ängste nehmen. Tun wir dies nicht, dann übernehmen die Populisten und Demagogen dieses Feld. Es ist klar, dass bei 1,1 Millionen Menschen, die zu uns gekommen sind, sich auch Straftäter befinden. Aber genauso wenig, wie wir Barsinghäuser wegen des Brandanschlags jetzt alle Brandstifter oder Nazis sind, sind die Flüchtlinge allesamt Straftäter. Nein, die allermeisten Flüchtlinge halten sich an unsere Gesetze und sind sehr sehr dankbar für die Hilfe, die Sie in Deutschland und auch bei uns in Barsinghausen bekommen. Gerade die Flüchtlinge verurteilen Straftäter unter ihnen genau so, wie wir dies heute mit den feigen Brandstiftern aus unserer Gesellschaft tun. Und weil es leider oft zu Verallgemeinerungen kommt, liegt es im besonderen Interesse der vielen, vielen unbescholtenen Flüchtlinge, dass die wenigen Straftäter unter Ihnen auch die Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Und da heute auch Bundespolitiker unter uns sind, möchte ich hier an den Bund appellieren, tragfähige Lösungen für die Flüchtlingskrise zu finden und die durchaus vielen Ängste, die in der Bevölkerung herrschen, ernst zu nehmen und diesen Ängsten durch mutiges Handeln entgegenzutreten. Denn so humanitär und sozial es vordergründig auch erscheinen mag, wie Deutschland heute handelt, desto mehr Fragen stellen sich mir beim genaueren Hinsehen. Was hat Deutschland getan, als die Flüchtlinge sich noch nicht auf den Weg über den Balkan nach Deutschland aufgemacht hatten, aber schon massenweise in Lagern in Jordanien, dem Libanon und der Türkei Schutz suchten bzw. in Italien und Griechenland ankamen. Da ging uns das offenbar nichts an. Was hat Deutschland getan, als die Essenrationen der UNO in den Lagern gekürzt wurden und den Flüchtlingen Hunger drohte? Was hat aber vor allem die USA bei der Flüchtlingskrise getan bzw. tut die USA heute? Die westliche, von den USA dominierte Außenpolitik hat die Katastrophe in Syrien mit verursacht und deshalb hat auch die USA eine ganz massive Verantwortung in der Flüchtlingskrise. Diese geht nicht nur Europa an! Und wenn es richtig ist, dass der Flüchtlingsstrom angeschwollen ist, weil die Lebensmittelrationen in den Lagern im Nahen Osten gekürzt worden sind, was ist dann sozial, dass wir nur den Menschen mit Geld Schutz geben. Denn nur die Flüchtlinge, die Geld für die Schleuser haben, können es sich finanziell leisten, über das Mittelmeer nach Griechenland und dann weiter über den Balkan zu uns zu kommen! Was ist aber mit den Menschen, die dieses Geld für die Schleuser nicht haben? Diese Ärmsten unter den Armen sind weiter in den Lagern und müssen womöglich Hunger leiden. Und was ist eigentlich humanitär daran, Menschen auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer und den beschwerlichen Weg über den Balkan zu zwingen, damit sie hier in Deutschland Schutz bekommen, wenn man in der Türkei für wenige hundert Euro ein Flugticket nach Deutschland kaufen kann. Aber dieser Weg ist den Flüchtlingen versperrt! Das ist für mich schizophren und muss dringend überdacht werden. Und mein letzter Appell an den Bund ist. Sorgen Sie dafür, dass beim Bundesamt schnellstmöglich die Zahl der unbearbeiteten Anträge schrumpft und nicht weiter wächst. Spätestens seit September konnte sich der Bund darauf vorbereiten. Die vielen Ehrenamtlichen vor Ort, die Hilfsorganisationen und die Kommunen haben die unerwartete Lage vor Ort bisher gemeistert und der Bund schafft es nicht, angemessen darauf zu reagieren. Dann müssen eben manchmal Prioritäten geändert werden, und wenn in dieser Zeit als nur eins von ganz vielen Beispielen das Weingesetz geändert wird, frage ich mich, ob das bei dem Notstand, der beim Bundesamt herrscht, wirklich notwendig ist. Und verpassen Sie beim Bund nicht die Chance, dass die Integration gelingt. Bereiten Sie die JobCenter auf die jetzt massenhaft auf die Bundesbehörde zukommende Aufgabe der Integration der Flüchtlinge nach Ihrer Anerkennung als Flüchtling bzw. Asylbewerber vor. Ich habe die Befürchtung, dass dies nicht in ausreichendem Maße geschieht. Und investieren Sie in den sozialen Wohnungsbau, wo es aufgrund der vielen Bundesstandards schon heute massive Probleme, namentlich für sozial Schwache kaum bezahlbare Wohnungen gibt und deshalb Ängste in der Bevölkerung entstehen. Die 500 Millionen, die der Bund für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen will, reichen bei weitem nicht aus. Allein in Barsinghausen müssen ca. 90 Millionen investiert werden. Ansonsten gibt es als Folge der fehlenden günstigen Wohnungen in Deutschland viel sozialen Sprengstoff. Jetzt möchte ich vom Bund wieder auf Barsinghausen zurückkommen. Ich möchte diesen Anlass nutzen, um meiner Verwaltung aber auch den vielen Ehrenamtlichen zu danken, die der Stadtverwaltung geholfen haben, die Flüchtlingskrise hier in Barsinghausen bisher so hervorragend zu bewältigen. Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre es nicht möglich gewesen, dass wir die vielen Menschen, die hilfesuchend der Stadt zugewiesen worden sind, so schnell in unsere Stadt einzugewöhnen. Ich danke den vielen Integrationslotsen, die schon seit Jahren bei der Integration von Migranten in Barsinghausen unterstützend tätig sind. Ich danke den vielen Vereinen und Organisationen, den Kirchen und auch den nicht vereinsmäßig organisierten Gruppen, die seit Jahren, besonders intensiv aber seit dem Frühherbst letzten Jahres sich um die Neuankömmlinge in unserer Stadt kümmern. Besonders erwähnen möchte ich hier, ohne andere hintenanzustellen, die Initiative aus Bantorf, wo sich nach der städtischen Informationsveranstaltung zur Unterbringung von 130 Flüchtlingen in dem Stadtteil gut 150 Menschen zusammen gefunden haben, um sich ehrenamtlich um die Flüchtlinge zu kümmern. Dieses Engagement ist herausragend und zeigt den wirklichen Geist Barsinghausens. Zum Abschluss danke ich „Barsinghausen ist bunt“, für die Idee und die Durchführung dieser Demonstration, und den vielen Parteien und Organisationen, die diesen Demonstrationsaufruf unterstützt haben. Dies ist ein ganz starkes Zeichen für unsere Stadt Barsinghausen. Vielen Dank!" bri / cms, 27.01.2016, 17:30Kommentare
Michael, 28.01.16 14:40:
1500 Menschen die gegen rechts Demonstrieren sind nicht wirklich viel. Aber es ist auch bestimmt nicht jeder rechts der gegen die viel zu vielen Ausländer ist.
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